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Für einen orthodox getauften Menschen ist es eine uralte Tradition, an den "heiligen Tagen" des heiligen Osterfestes bemalte oder verzierte Eier auszutauschen und mit den Worten "Christus ist auferstanden" zu schenken. Das Symbol der Schenkung der Eier soll den Sieg des Lebens über den Tod verkünden. Eines der ältesten Symbole, das den Glauben an die Auferstehung Christi ausdrückt, ist wohl das Osterei. Laut kirchlicher Überlieferung reicht die Tradition, rote Ostereier auszutauschen, bis in die dreißiger Jahre des ersten Jahrhunderts zurück. Den Grundstein dieser Tradition legte die heilige Maria Magdalena, die vor Kaiser Tiberius erschienen war, ihm mit den Worten "Christus ist auferstanden" ein rotes Ei geschenkt und dann ihre Predigt über den gekreuzigten und auferstandenen Christus gehalten hatte. Das Osterei symbolisiert die Entstehung eines neuen Lebens mitten im Grab, in Form einer Eierschale, die mit der Kraft des Lebens aufgebrochen wird. Ein rot gefärbtes Ei bedeutet die erlösende Heldentat Jesu Christi, der sein Blut am Kreuz "für uns Menschen und zu unserer Rettung" vergossen hat (Glaubensbekenntnis). Auch heute noch wird der Brauch, kunstvolle Ostereier anzufertigen, hochgehalten.
Aus den Brief Alexij II, Patriarch von Moskau und ganz Russland vom 6. Februar 1997
Der Brauch, Ostereier zu schenken, war in keinem Land so verbreitet wie in Russland. Jeder gläubige Mensch, vom Zaren bis zum einfachen Mann, teilte diese Freude über die Auferstehung, indem er seine Mitmenschen mit Ostereiern beschenkte. So fertigte man nur in Russland derart große Mengen von Ostereiern an, was auch den Dimensionen des Landes entsprach. Und nur in Russland zeichnete sich die Gestaltung durch solche Mannigfaltigkeit aus: von einfachen Laienarbeiten bis hin zu wahren Kunstwerken von Malern, Bildhauern und Juwelieren ,aber auch das Dekor russischer Ostereier weist dieselbe außergewöhnliche Vielfalt an Sujets und Kompositionen auf: berühmte Denkmäler, Veduten russischer und europäischer Städte, Klöster,Gotteshäuser, Heilige, Kirchenfeste, Kopien bekannter Gemälde russischer und europäischer Meister, verschiedenste Ornamente, Symbole, Monogramme der Mitglieder der Zarenfamilie, Wappen, Blumen, Stillleben usw. Dabei wurden jene Ostereier mit Darstellungen von Heiligen in jedem russischen Haus wie Ikonen verehrt und in einer entsprechenden Vitrine aufbewahrt. Ostern als höchster religiöser Feiertag Russlands ist nicht nur tief im Volksglauben verankert, sondern hatte auch am Zarenhof eine Tradition, die über Jahrhunderte sorgsam gepflegt wurde und sich - neben den Riten und Zeremonien - auch in der gestalterischen Entwicklung der Ostereier wiederspiegelte.
So tauschte der Zar im 17.Jahrhundert nach dem feierlichen Gottesdienst in der Auferstehungkathedrale des Moskauer Kreml mit der höchsten Geistlichkeit den Osterkuss aus. Danach lud er Bojaren und Moskauer Adlige ein und beschenkte sie mit Eiern. "Der Herrscher verschenkte Gänse-, Hühner- und aus Holz gedrechselte Eier, drei, zwei, oder - je nach Rang der Person - eines. Diese Eier wurden mit grellen Farben auf Goldgrund bemalt... Drechsler, Ikonenmaler und Graveure der Rüstkammer sowie die Mönche des Dreifaltigkeits-Sergijew-Klosters stellten die Eier her... Damit die gefärbten Eier für alle ausreichten, brauchte man von Ostern bis Auffahrt (Christi Himmelfahrt) 37000 Eier. " Allein dem Zaren wurden enorme Mengen von bemalten Eiern in Holzschalen überreicht, die mit Samt ausgelegt und goldenen Ornamenten verziert waren.
Mit der Zeit wurden die Motive sowie die Materialien, aus welchen man die Ostereier herstelte, immer mannigfaltiger. So wurden sie beispielsweise aus Holz geschnitzt oder aus Knochen geschliffen, farbenprächtig bemalt und mit feinen durchbrochenen Ornamenten dekoriert. Auch Eier aus Pappmaschee und Lack, die entweder mit verschiedenen Motiven oder ebenfalls mit Ornamenten verziert wurden, waren sehr verbreitet. Geschickte Handarbeiterinnen fertigten Ostereier an sowie Etuis aus Samt und Seide, bestickt mit Pailletten und bunten Fäden für Ostergeschenke in Form eines Eies.
Im 18. und 19. Jahrhundert wurden in der staatlichen sowie in den privaten Glasfabriken Eier aus Milch- oder Kristallglas hergestellt. Nach der Gründung der Kaiserlichen Porzellanmanufaktur in St.Petersburg (1744) erschienen erstmals während des Osterfestes Eier aus Porzellan, die zum Teil einen Fuß oder kleine Sockel aus dem selben Material aufwiesen.
Ostern am Hof der Zarinnen Elisabeth I. (1709-1761) und Katharina II. (1729-1796) war ein unvergessliches Schauspiel. Eine der Hofdamen, die Gräfin Golowina, schrieb: "Der ganze Hof und alle Adligen der Stadt versammelten sich an diesem Tag in der Palaiskirche... Der Palast versank in Pracht: Nicht umsonst stellte sich das Volk ihn als Paradies vor."
Die bis heute erhaltenen Ostereier aus der Zeit der Zarinnen Elisabeth I. und Katharina II. sind meistens klein und mit einem ornamentalen oder floralen Dekor verziert, die Motive auf biblische Szenen begrenzt und betont dekorativ gehalten. Aber auch der spielende Amor, Genremotive oder Landschaften mit zierlichen Arabesken wurden dargestellt.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts bildete man auf Ostereiern auch berühmte Kathedralen, die in dieser Zeit errichtet wurden, und deren Heilige ab, so zum Beispiel die Christus-Erlöser-Kathedrale in Moskau, die Isaaks-Kathedrale in St.Petersburg oder die Wladimirs-Kathedrale in Kiew.
Der größte Teil der Eier wurde jedoch mit ornamentalen oder floralen Dekor verziert. In ihrem Stil, ihrer Ornamentierung und ihren Motiven widerspiegelte sich die Entwicklung der Porzellankunst der Kaiserlichen Manufaktur. Die Bibliothek der Manufaktur wurde mit botanischen Atlanten und Radierungen laufend erweitert. Den Malern standen zudem ein eigenes Treibhaus und eine Orangerie zur Verfügung. Sie besuchten aber auch botanische Gärten und machten Exkursionen in verschiedene Gebiete Russlands, um die Pflanzenwelt zu studieren.
Während der Regierungszeit der Zaren Alexander III. (1881-1894) und Nikolaj II.(1894-1917) wurden die Eier auch mit den Monogrammen der regierenden Monarchen versehen.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ging der Stern des Juweliers Carl Faberge (1846-1920) auf, der alle Konkurrenten in den Schatten stellte. In den Osterüberraschungen, die von Faberges geschickten Juwelieren im Auftrag des Hofes hergestellt wurden, erreichten Erfindergeist und Meisterschaft ihren Höhepunkt.
Ostern 1913 fiel mit dem 300 Jahr Jubiläum des Romanow Hauses zusammen. Das Zarenpaar feierte es gemeinsam mit seinen fünf Kindern im Alexander Palast in Zarskoje Selo. Die Ostereier dieser Zeit unterschieden sich dann auch von den eleganten und teuren Geschenken vor dem Weltkrieg. Sie waren oft klein und einfach im Besatz. Diese Schlichtheit spiegelte die harte Kriegszeit wieder: Auf weißem Grund stand nur ein strenges Monogramm des Kaisers, der Kaiserin oder des Thronfolgers.
So wurden zum Beispiel 1916 rund 2000 Eier mit rotem Kreuz auf weißem Grund angefertigt und den Verwundeten geschenkt.
Doch das Dekor der Ostereier hat noch eine weitere Bedeutung. In ihm spiegeln sich Entwicklung und Geschichte Russlands sowie bestimmte Phasen aus dem Privatleben der Zarenfamilie wieder. Die Vertreter der Romanow-Dynastie, besonders die Familien der beiden letzen russischen Kaiser, waren tief religiös. Wenn sie den wichtigsten Feiertag der russischen orthodoxen Christen feierten, teilten sie ihre Freude mit den anderen, indem sie ihre Verwandten und alle Höflinge mit Ostereiern beschenkten. Mit diesem Brauch verknüpfen sie die Hoffnung und Freude auf die Auferstehung.
Aus den Brief Alexij II, Patriarch von Moskau und ganz Russland vom 6. Februar 1997
Der Brauch, Ostereier zu schenken, war in keinem Land so verbreitet wie in Russland. Jeder gläubige Mensch, vom Zaren bis zum einfachen Mann, teilte diese Freude über die Auferstehung, indem er seine Mitmenschen mit Ostereiern beschenkte. So fertigte man nur in Russland derart große Mengen von Ostereiern an, was auch den Dimensionen des Landes entsprach. Und nur in Russland zeichnete sich die Gestaltung durch solche Mannigfaltigkeit aus: von einfachen Laienarbeiten bis hin zu wahren Kunstwerken von Malern, Bildhauern und Juwelieren ,aber auch das Dekor russischer Ostereier weist dieselbe außergewöhnliche Vielfalt an Sujets und Kompositionen auf: berühmte Denkmäler, Veduten russischer und europäischer Städte, Klöster,Gotteshäuser, Heilige, Kirchenfeste, Kopien bekannter Gemälde russischer und europäischer Meister, verschiedenste Ornamente, Symbole, Monogramme der Mitglieder der Zarenfamilie, Wappen, Blumen, Stillleben usw. Dabei wurden jene Ostereier mit Darstellungen von Heiligen in jedem russischen Haus wie Ikonen verehrt und in einer entsprechenden Vitrine aufbewahrt. Ostern als höchster religiöser Feiertag Russlands ist nicht nur tief im Volksglauben verankert, sondern hatte auch am Zarenhof eine Tradition, die über Jahrhunderte sorgsam gepflegt wurde und sich - neben den Riten und Zeremonien - auch in der gestalterischen Entwicklung der Ostereier wiederspiegelte.
So tauschte der Zar im 17.Jahrhundert nach dem feierlichen Gottesdienst in der Auferstehungkathedrale des Moskauer Kreml mit der höchsten Geistlichkeit den Osterkuss aus. Danach lud er Bojaren und Moskauer Adlige ein und beschenkte sie mit Eiern. "Der Herrscher verschenkte Gänse-, Hühner- und aus Holz gedrechselte Eier, drei, zwei, oder - je nach Rang der Person - eines. Diese Eier wurden mit grellen Farben auf Goldgrund bemalt... Drechsler, Ikonenmaler und Graveure der Rüstkammer sowie die Mönche des Dreifaltigkeits-Sergijew-Klosters stellten die Eier her... Damit die gefärbten Eier für alle ausreichten, brauchte man von Ostern bis Auffahrt (Christi Himmelfahrt) 37000 Eier. " Allein dem Zaren wurden enorme Mengen von bemalten Eiern in Holzschalen überreicht, die mit Samt ausgelegt und goldenen Ornamenten verziert waren.
Mit der Zeit wurden die Motive sowie die Materialien, aus welchen man die Ostereier herstelte, immer mannigfaltiger. So wurden sie beispielsweise aus Holz geschnitzt oder aus Knochen geschliffen, farbenprächtig bemalt und mit feinen durchbrochenen Ornamenten dekoriert. Auch Eier aus Pappmaschee und Lack, die entweder mit verschiedenen Motiven oder ebenfalls mit Ornamenten verziert wurden, waren sehr verbreitet. Geschickte Handarbeiterinnen fertigten Ostereier an sowie Etuis aus Samt und Seide, bestickt mit Pailletten und bunten Fäden für Ostergeschenke in Form eines Eies.
Im 18. und 19. Jahrhundert wurden in der staatlichen sowie in den privaten Glasfabriken Eier aus Milch- oder Kristallglas hergestellt. Nach der Gründung der Kaiserlichen Porzellanmanufaktur in St.Petersburg (1744) erschienen erstmals während des Osterfestes Eier aus Porzellan, die zum Teil einen Fuß oder kleine Sockel aus dem selben Material aufwiesen.
Ostern am Hof der Zarinnen Elisabeth I. (1709-1761) und Katharina II. (1729-1796) war ein unvergessliches Schauspiel. Eine der Hofdamen, die Gräfin Golowina, schrieb: "Der ganze Hof und alle Adligen der Stadt versammelten sich an diesem Tag in der Palaiskirche... Der Palast versank in Pracht: Nicht umsonst stellte sich das Volk ihn als Paradies vor."
Die bis heute erhaltenen Ostereier aus der Zeit der Zarinnen Elisabeth I. und Katharina II. sind meistens klein und mit einem ornamentalen oder floralen Dekor verziert, die Motive auf biblische Szenen begrenzt und betont dekorativ gehalten. Aber auch der spielende Amor, Genremotive oder Landschaften mit zierlichen Arabesken wurden dargestellt.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts bildete man auf Ostereiern auch berühmte Kathedralen, die in dieser Zeit errichtet wurden, und deren Heilige ab, so zum Beispiel die Christus-Erlöser-Kathedrale in Moskau, die Isaaks-Kathedrale in St.Petersburg oder die Wladimirs-Kathedrale in Kiew.
Der größte Teil der Eier wurde jedoch mit ornamentalen oder floralen Dekor verziert. In ihrem Stil, ihrer Ornamentierung und ihren Motiven widerspiegelte sich die Entwicklung der Porzellankunst der Kaiserlichen Manufaktur. Die Bibliothek der Manufaktur wurde mit botanischen Atlanten und Radierungen laufend erweitert. Den Malern standen zudem ein eigenes Treibhaus und eine Orangerie zur Verfügung. Sie besuchten aber auch botanische Gärten und machten Exkursionen in verschiedene Gebiete Russlands, um die Pflanzenwelt zu studieren.
Während der Regierungszeit der Zaren Alexander III. (1881-1894) und Nikolaj II.(1894-1917) wurden die Eier auch mit den Monogrammen der regierenden Monarchen versehen.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ging der Stern des Juweliers Carl Faberge (1846-1920) auf, der alle Konkurrenten in den Schatten stellte. In den Osterüberraschungen, die von Faberges geschickten Juwelieren im Auftrag des Hofes hergestellt wurden, erreichten Erfindergeist und Meisterschaft ihren Höhepunkt.
Ostern 1913 fiel mit dem 300 Jahr Jubiläum des Romanow Hauses zusammen. Das Zarenpaar feierte es gemeinsam mit seinen fünf Kindern im Alexander Palast in Zarskoje Selo. Die Ostereier dieser Zeit unterschieden sich dann auch von den eleganten und teuren Geschenken vor dem Weltkrieg. Sie waren oft klein und einfach im Besatz. Diese Schlichtheit spiegelte die harte Kriegszeit wieder: Auf weißem Grund stand nur ein strenges Monogramm des Kaisers, der Kaiserin oder des Thronfolgers.
So wurden zum Beispiel 1916 rund 2000 Eier mit rotem Kreuz auf weißem Grund angefertigt und den Verwundeten geschenkt.
Doch das Dekor der Ostereier hat noch eine weitere Bedeutung. In ihm spiegeln sich Entwicklung und Geschichte Russlands sowie bestimmte Phasen aus dem Privatleben der Zarenfamilie wieder. Die Vertreter der Romanow-Dynastie, besonders die Familien der beiden letzen russischen Kaiser, waren tief religiös. Wenn sie den wichtigsten Feiertag der russischen orthodoxen Christen feierten, teilten sie ihre Freude mit den anderen, indem sie ihre Verwandten und alle Höflinge mit Ostereiern beschenkten. Mit diesem Brauch verknüpfen sie die Hoffnung und Freude auf die Auferstehung.
"Kostbare Ostereier aus dem Zarenreich"
Hirmer Verlag München
ISBN 3-7774-8020-7
Hirmer Verlag München
ISBN 3-7774-8020-7